Diabetes und Training

Patrick Arendt
Herzlich willkommen zum heartfish Podcast über die bessere Art zu trainieren und ein gesundes Leben zu führen. Mein Name ist Patrick Arendt und bei mir im heartfish Studio ist wie immer einer der heartfish Mitbegründer und Leiter eines ambulanten Reha Zentrums, dort gar Karl Mayr. Hallo Charles.

Dr. Karl Mayr
Hallo, Patrick, wie geht es dir?

Patrick Arendt
Dieses Mal geht es mir wieder hervorragend. Und ein weiteres Thema, über das wir gerne reden können, ist Diabetes Typ zwei. Das ist ja eine bekanntermaßen Volkskrankheit, die wirklich viele Menschen mittlerweile betrifft und in Österreich sind es über 700.000 Menschen, die daran erkrankt sind. Tendenz leider leider steigend. Das Wichtigste, was man zu Diabetes Typ zwei sagen kann, ist, glaube ich, dass es in den meisten Fällen verhindert werden kann. Und wie erkenne ich nun, dass ich an dieser Krankheit leide? Darüber wollen wir heute mit dir reden, Charles. Und welchen Symptomen wir auf den Grund gehen können. Außerdem möchten wir klären, welche Möglichkeiten Diabetiker und Prä-Diabetiker haben, um ein besseres Leben auch mit dieser Krankheit führen zu können. Und die erste Frage, mit der wir einsteigen Charles ist: Was genau ist denn Diabetes Typ zwei, und was passiert dabei im Körper?

Dr. Karl Mayr
Normalerweise werden Kohlenhydrate und Zucker vor allem im Blut von den Körperzellen in Energie umgewandelt. Der Treibstoff für die Muskeln und für die Organe des menschlichen Körpers. Beim Diabetes Typ zwei oder der sogenannten Altersdiabetes, wobei der Typ zwei Diabetes tritt heutzutage schon bei deutlich jüngeren auf. In diesem Fall können die Zellen nur wenig Glukose aufnehmen. Der Blutzuckerspiegel steigt dadurch. Diese sogenannte Insulinresistenz bedeutet, also das Insulin ist das Hormon, das dazu beiträgt, dass Zucker in die Zellen aufgenommen werden kann, dieses Insulin ist bei Typ zwei Diabetes vorhanden, oft auch in sehr hohen Spiegeln vorhanden, kann aber nicht ausreichend wirken durch die roten Blutzuckerspiegel leiden Blutgefäße und Nervenbahnen werden geschädigt, es entstehen viele Begleiterscheinungen und Folgekrankheiten. Insbesondere steigt das Risiko für Herz und Gefäßkrankheiten vor allem, wenn man zusätzliche Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Nikotinabusus hat.

Patrick Arendt
Und wie kann ich persönlich feststellen, ob ich an Diabetes Typ zwei erkrankt bin?

Dr. Karl Mayr:
Das ist nicht leicht, es ist sogar sehr schwierige, lange Zeit. Keine Symptome auftreten. Bei erhöhten Blutzuckerwerten lebt man zunächst beschwerdefrei, man nennt das sogar in Prä-Diabetes und der wird sehr selten erkannt. Die Diagnose kommt meist plötzlich und unerwartet , entweder welt durch dauerhaft viel zu hohe Blutzuckerwerte, typische Beschwerden auftretende Müdigkeit, Energie losigkeit Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, geschwächtes Immunsystem, Übelkeit und Schwindel. Spätestens, wenn man sich wochenlang antriebslos und müde fühlt, sollten die Alarmglocken läuten. Was nicht passieren sollte, ist dass man auf einen Diabetes erst draufkommt, wenn schon Veränderungen an Gefäßwänden zu Symptomen wie Herzinfarkt oder Angina Pectoris geführt haben.

Patrick Arendt
Und wenn ich eines der von dir gerade genannten Symptome habe, muss ich dann sofort zum Arzt gehen?

Dr. Karl Mayr
Also zum Arzt gehen sollte man sowieso regelmäßig und so regelmäßig eine Gesundheitsuntersuchung machen, damit es gar nicht in die Situation kommt, dass man jahrelang erhöhte Blutzuckerwerte hat, ohne das zu wissen. Für eine endgültige Diagnose wird mehrmals Blut aufgenommen, weil die Blutzuckerwerte sind ja nach einer kalorien- oder kohlenhydratreichen Mahlzeit für eine gewisse Zeit lang bei jedem etwas erhöht. Und für eindeutige Diagnosen wird man Blutzuckerspiegel in regelmäßigen Abständen messen, daraus Durchschnittswerte errechnen und auch in einen Wert erheben, der im Blut feststellbar ist, wo sich der Zucker an das Hämoglobin an den menschlichen Blutfarbstoff bindet und der eine Aussage treffen lässt über die letzten zwei, drei Wochen.

Patrick Arendt
Wenn ich dann vom Arzt gesagt bekomme, dass ich an Diabetes Typ zwei leide, ist da das Kind schon in den Brunnen gefallen, und es ist für mich zu spät, noch irgendetwas daran zu ändern. Oder gibt es da noch irgendwelche Möglichkeiten?

Dr. Karl Mayr
Keinesfalls. Insbesondere wenn ein erhöhter Blutzuckerspiegel bei einer routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung festgestellt wird und diese Vorsorgeuntersuchung sollte jeder ab 45 machen, dann ist bei weitem nicht alles zu spät, ganz im Gegenteil. Wenn man das erfährt, dann hat man viele Möglichkeiten, selbst das Ruder herumzureißen. Besonders wichtig ist natürlich eine ganz konsequente Blutzuckerbehandlung bei älteren Personen bei über 60 Jährigen, bei Menschen mit genetische Veranlagung, die womöglich Familienmitglieder haben, die auch schon an Zucker erkrankt waren und dadurch auch Gefäßerkrankungen erlitten haben. Bei stark übergewichtigen sollte regelmäßig gemessen werden und regelmäßig kontrolliert werden. Bewegungsmuffel, Menschen, die sich besonders ungesund ernähren, die wenig Ballaststoffe, viele Fette und viel Zucker zu sich nehmen. Bei diesen Personen sollte regelmäßig der Blutzuckerspiegel kontrolliert werden, und wenn diese Werte nicht durch eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten in den Griff zu kriegen sind, sollte auch eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden.

Patrick Arendt
Und bei welchem Arzt wird das Blut in der Regel abgenommen? Kann ich da zu jedem Arzt gehen oder gibt es da spezielle Ärzte

Dr. Karl Mayr
Das kann man beim Hausarzt machen. Meist untersuchen auch Frauenärzte oder auch Urologen dann das Blut auch auf Zucker. Aber natürlich wenn eine manifeste Diabetes-Erkrankung vorliegt, macht es Sinn zu einem spezialisierten Facharzt zu gehen zu einem Diabetologen als einen Facharzt für innere Medizin, der sich auf Diabetologie spezialisiert hat, oder zu seinem Internisten zu gehen.

Patrick Arendt
Und wenn jetzt einer der von dir genannten Ärzte oder Ärztinnen feststellt, dass man an Prä-Diabetes oder Diabetes Typ zwei erkrankt ist, was sind denn dann die nächsten Schritte, die ich als Erkrankter einleiten kann?

Dr. Karl Mayr
Also der erste Schritt ist definitiv eine Lebensstiländerung. Und das ist eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten und eine Änderung der Bewegungsgewohnheiten. Also beides. Die Ernährungsumstellung und die Bewegungsumstellung sollten zum Gewichtabnehmen führen, sollten die Leistungsfähigkeit steigern und bessern dadurch das Risiko für gesundheitliche Einschränkungen enorm.

Patrick Arendt
Und wenn du von von Sport redest, was genau können wir unter diesen Sport verstehen?

Dr. Karl Mayr
Also von Sport rede ich in dieser Situation nicht. Ich rede von Trainingstherapie. Training ist ein Medikament, ist ein sehr wertvolles Medikament und dieses Medikament Training sollte sich zusammensetzen aus einer Kombination von Ausdauertraining und Krafttraining, insbesondere Krafttraining, hat bei der Diabeteserkrankung eine sehr große Bedeutung, weil das Krafttraining fördert die Funktionalität und auch den Umfang oder das Volumen der Muskulatur, und die Muskulatur ist insbesondere beim Diabetes ein sehr wichtiges, auch metabolisch wirksames Organ.

Darüber hinaus hat Krafttraining eine große Bedeutung im Hinblick auf die Lebensqualität vor allem bei älteren Menschen, die sich selbst wieder versorgen können. Normalerweise nimmt die Muskelkraft im höheren Alter linear ab, und das beginnt leider schon ab dem 35. Lebensjahr. Allerdings jemand, der dem dagegen wirkt, kann mit 70 besser beisammensein als andere mit 45. Und das betrifft sowohl die Kraft als auch die aus der Leistungsfähigkeit.

Patrick Arendt
Wenn man ein Krafttraining ausführt, reicht das, um die Medikamente eventuell zu reduzieren oder ohne auszukommen?

Dr. Karl Mayr
Studien haben mehrfach belegt, dass Krafttraining die Insulinresistenz der Muskulatur verbessert, die erhöhte Muskelaktivität steigert die Aufnahmefähigkeit der Muskelzelle für Glukose. Mehr Zucker wird also aus der Blutbahn in die Muskelzellen transportiert, weitere Effekte entstehen durch die Zunahme der Muskelmasse und die Reduzierung des Bauchfettes. Also das sind schon ganz wesentliche Dinge, die auch dazu beitragen möglicherweise später mit Medikamenten zu müssen oder wenn man auch schon Medikamente einnehmen, die Zahl und die Dosis der Medikamente reduzieren zu können. Also Training ist ein ganz wesentliches Therapeutikum vor allem beim Diabetes.

Patrick Arendt
Kann zu uns ein bisschen mehr über dieses spezielle Krafttraining erzählen. Wie oft sollte ich das ausführen?

Dr. Karl Mayr
Also Krafttraining sollte schon zwei bis drei Mal pro Woche 20 bis 30 Minuten durchgeführt werden. Es genügt, unter Anführungszeichen, genügt es. An sich, das wertvollste Trainingsgerät zu verwenden, das uns zur Verfügung steht: das ist das eigene Körpergewicht. Man kann durch kräftigende Übungen gegen das eigene Körpergewicht sowohl die Muskelmasse als auch die Muskelfunktionalität steigern. Man kann alternativ aber auch mit elastischen Bändern mit Geräten, Zug- oder Druckgeräten, und Gewichten ein Krafttraining machen. Ein Krafttraining beim Diabetes sollte alle großen Muskelgruppen mit einbeziehen und sollte dazu führen, dass die Muskelmasse steigt. Idealerweise kombiniert man dieses Krafttraining mit dem Training der Beweglichkeit, also gymnastischen Übungen, um Flexibilität und Koordination zu führen und vor allem mit einem Ausdauertraining, das die Leistungsfähigkeit steigert und die zirkulatorische Fähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems fördert.

Genauere Übungsanweisungen können Sie unter Umständen von Ihrem Arzt erhalten oder Sie erleben dies in unserem heartfish Kurs oder indem Sie unsere App verwenden.

Patrick Arendt
Ist es sinnvoll, gleich volle Kanne mit diesem Training zu beginnen?

Dr. Karl Mayr
Also es sollte auf jeden Fall bei jemandem, der einen Diabetes hat, der eine manifeste Erkrankung, eine Diagnose hat, womöglich auch schon Medikamente einnimmt, vorher eine eingehende körperliche Untersuchung mit Belastungstest beim Arzt passieren. Dazu gehört auch eine sogenannte klassische Zuckerschulung, die in entsprechenden Organisationen oder von entsprechenden Diabetologen durchgeführt wird nach einem Modell des typischen Düsseldorfer Modells. So eine Zuckerschulung sollte auch absolviert werden, bevor man mit einem wirksamen Trainings-Therapieprogramm beginnt.

Patrick Arendt
Dann fasse ich doch noch mal ganz kurz ein paar wichtige Punkte zusammen. Diabetes Typ zwei wird sehr oft leider viel zu spät erkannt, weil die Symptome erst im fortgeschrittenen Stadium auftreten. Menschen in Risikogruppen sollten regelmäßig Blutzuckeruntersuchungen machen und früh damit beginnen, Lebensstiländerungen oder -anpassungen durchzuführen.

Weil der Krankheit eine Muskelfunktionsstörung zugrundeliegt, hilft ein gezieltes Krafttraining, der entgegenzuwirken. Das aktiviert die Muskelzellen und unterstützt sie dabei, mehr Glukose aufzunehmen. Charles, was ist denn deine Kernthese aus dieser Episode an unsere Hörerinnen und Hörer?

Dr. Karl Mayr
Also wer nicht auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sein möchte und aktiv etwas dagegen tun möchte durch erhöhte Blutzuckerspiegel krank zu werden kann, mit einem gesünderen Ernährungsprogramm und einem wirksam im Training, dem Diabetes Typ zwei entgegenwirken. Es ist einerseits nie zu spät damit anzufangen. Das ist auch bei einer manifesten Erkrankung und schon aufgetreten Folgeveränderungen, Gefäßveränderungen auch Polyneuropathie oder ähnliche Nervenveränderungen, ist es nicht zu spät mit dem Training zu beginnen, sondern Training kann in jedem Stadium der Erkrankung die weiteren Folgen hintanhalten, die Lebensqualität steigern und auch die Zahl und die Dosis der Medikamente reduzieren helfen.

Patrick Arendt
Das sind auch hervorragende Neuigkeiten, Charles. Ich danke dir für diese Informationen, die uns wieder mitgegeben hast und bei uns im heartfish Studio arbeiten wir regelmäßig daran, ihnen leicht verständliche Informationen aufzubereiten, damit sie das nicht verpassen: abonnieren Sie unseren heartfish Podcast gerne auf YouTube oder wo und wann Sie Ihren Podcast gerade hören. Wir bedanken uns für ihre Zeit, dass sie eingeschaltet haben und freuen uns, wenn sie das auch beim nächsten Mal wieder tun.